Als am Sonntag, 25. September, die unterfränkische Caritas ihren alljährlichen Vinzenztag beging, war im beschaulichen Binsfeld bei Arnstein das ganze Dorf, von den Kleinsten bis hin zu den Senioren, auf den Beinen. Ein Gottesdienst mit Bischof Friedhelm Hofmann, zu dem auch zahlreiche Politikerinnen und Politiker, Verantwortliche aus Kirche, Caritas und Gesellschaft kamen, ist für die kleine Gemeinde etwas Besonderes. Wer nicht rechtzeitig in St. Laurentius war, musste mit einem Stehplatz vorlieb nehmen oder den Gottesdienst auf dem sonnigen Kirchplatz verfolgen.
Mach dich stark für Generationengerechtigkeit
Die Binsfelder Kindergartenkinder empfingen den Bischof vor dem Gotteshaus und ließen beste Wünsche für ihn an Luftballons gen Himmel steigen. „Unser größter Schatz sind die Kinder“, begrüßte Franz-Josef Sauer vom Mehrgenerationenhaus die vielen Gäste und natürlich die Kinder.
Der Bischof ließ es sich nicht nehmen, die Kinder ebenfalls in den Mittelpunkt seiner Predigt zu stellen. Angesichts des demografischen Wandels werde nun deutlich, dass es Zeiten in unserem Land gegeben habe, in denen Menschen Aktienpakete wichtiger waren als Kinder. „Aktienpakete pflegen keinen älteren Menschen“, sagte Bischof Friedhelm, das habe die Kirche schon in den 70er Jahren der Gesellschaft ins Gewissen gerufen. Heute sehe man die große Gefahr auseinanderdriftender Generationen. Umso wichtiger sei die Kampagne der Caritas „Mach dich stark für Generationengerechtigkeit“. Der Bischof würdigte die Arbeit im Mehrgenerationenhaus Binsfeld als vorbildlich für das gute Miteinander von Jung und Alt. „Es ist schön zu sehen, wenn Kinder auf Senioren zugehen und alte Menschen Zeit haben für die jüngeren.“ Der Bischof mahnte, den sozialen Frieden im Land nicht durch Kinder- und drohende Altersarmut zu gefährden. Wenn Gott das Schwache in der Welt erwählt habe, dann gelte dies besonders für Kinder und Alte, die in ihrer Würde zu achten seien.
Der Müdesheimer Kirchenchor unter Leitung von Ann-Kathrin Pfeuffer, Organistin Elke Weidner, die Binsfelder Musikanten unter Leitung von Peter Heßdörfer und viele haupt- und ehrenamtlich Engagierte aus Pfarrei und Caritas gestalteten den festlichen Gottesdienst mit.
Eröffnung der Caritassammlung
Mit der Segnung der Sammlerinnen und Sammler am Ende der Messfeier eröffnete Bischof Friedhelm zugleich die Herbstsammlung der Caritas im Bistum Würzburg. Sie findet vom 25. September bis 2. Oktober statt. Die Spenden kommen der Caritasarbeit auf allen Ebenen, von der Pfarrei über die Orts- und Kreiscaritasverbände bis hin zum Diözesanverband, zugute.
Grußworte voller Anerkennung
Mit festlicher Musik zog die Gemeinde von der Kirche zum Dorfplatz am Mehrgenerationenhaus. Spätestens jetzt, beim kräftigen Schall der Bläser, wusste jeder in Binsfeld, dass dies ein ganz besonderer Herbsttag ist. Domkapitular Clemens Bieber und Landrat Thomas Schiebler begrüßten die Anwesenden in der „wohl schönsten Festhalle im Landkreis Main-Spessart“ und würdigten das gute Miteinander von Gesellschaft und Caritas, wenn es darum gehe, sich um die Menschen zu kümmern und das Leben im ländlichen Raum zu bereichern. Bürgermeisterin Anna Stolz begrüßte ebenso Einheimische und Gäste auf dem Festplatz, der mit Dorf-, Franken- und Caritasfahnen geschmückt war. Sie berichtete aus der mehr als 20-jährigen Geschichte des Mehrgenerationenhauses. Die Kinder und der Bläserkreis des Mehrgenerationenhauses sorgten für den musikalischen Rahmen.
Vinzenzpreis 2016 „Generationengerechtigkeit“
Zwei Projekte, die sich besonders um das gute Miteinander der Generationen mühen, wurden in Binsfeld mit dem diesjährigen Vinzenzpreis ausgezeichnet.
Ein Preis ging nach Kitzingen ins Mehrgenerationenhaus St. Elisabeth. Hier leisten junge Leute innovative Biografiearbeit mit Menschen, die an Demenz leiden. Waltraud Asbahr vom Zentrum Bayern Familie und Soziales stellte in ihrer Funktion als Jurorin das Projekt vor. Mit Hilfe des Internets begebe man sich, Jung und Alt, gemeinsam auf Spurensuche und wecke anhand von Bildern, alten Liedern und Filmen, längst verblasste Erinnerungen bei Bewohnerinnen und Bewohnern des Seniorenheims St. Elisabeth in Kitzingen. Nicht nur die Bewohner profitierten, auch die jungen Leute würden eine Menge lernen, war sich Asbahr sicher. Petra Dlugosch, die diese Methode wissenschaftlich entwickelt hat und das Projekt verantwortet, nahm mit zwei jugendlichen Internetchauffeuren den Preis sichtlich überrascht und froh entgegen.
Auch der zweite Gewinner konnte bis zur Verleihung des Vinzenzpreises geheim gehalten werden. Kerstin Celina, Abgeordnete im Bayerischen Landtag, stellte die Arbeit im Mehrgenerationenhaus Binsfeld vor. Hier gehe es mit dem notwendigen langem Atem um mehr als ein Haus; Binsfeld sei längst ein Mehrgenerationendorf mit viel Engagement aller Generationen für ein gutes Miteinander. Weit über Unterfranken hinaus sei der kleine Ort ein großes Vorbild für ähnliche Bestrebungen. Ökonomische, ökologische und soziale Aspekte würden gleichermaßen Beachtung finden. „Vieles, was uns heute als selbstverständlich erscheint, war vor 20 Jahren, als die Idee zum Mehrgenerationenhaus entstand, echtes Neuland“, so die Abgeordnete. Franz-Josef Sauer holte die Kinder und viele Mitarbeiter und Unterstützer mit auf die Bühne, um den Preis für das MGH Binsfeld entgegenzunehmen. „Binsfeld gelingt, weil ganz viele Menschen und Vereine mitziehen“, sagte Sauer.
Beide Projekte erhalten für ihre Weiterführung ein Preisgeld von 2.500 Euro. Landtagspräsidentin Barbara Stamm und Bischof Friedhelm Hofmann überreichten gemeinsam Urkunden und symbolische Schecks.
Eine verdiente Frau, die seit gut 40 Jahren im Bereich Kindergarten mitarbeite und damit das Projekt „Mehrgenerationenhaus“ maßgeblich trage, sei Maria Vetter, so Franz-Josef Sauer. Sauer nutzte den feierlichen Rahmen, um ihr mit einer Ehrenurkunde der Caritas herzlich zu danken.
Geselliger Ausklang
Bei Speis und Trank unter freiem Himmel klang der Vinzenztag 2016 aus. Interessierte nutzten die Gelegenheit, das Mehrgenerationenhaus zu besichtigen und sich über die Arbeit der Caritas in der Region zu informieren. Für die junge Generation gab es viele Aktivitäten und Spielmöglichkeiten. Besonders gut besucht war das Backhaus, in dem bereits seit den frühen Morgenstunden der Holzofen brannte und den Geruch frischgebackenen Brotes durch die Gassen trieb.
Viele Besucher lobten die perfekte Organisation des festlichen Tages, den lebendigen Gottesdienst und das engagierte Tun im und um das Mehrgenerationenhaus. Einmal mehr wurde deutlich, dass die Caritas sich in Wort und Tat für Generationengerechtigkeit starkmacht.
Für den Caritasverband dankte dessen Vorsitzender, Domkapitular Clemens Bieber, allen, die zum Gelingen dieses Tages beigetragen haben. „Ich weiß um die viele Arbeit, die im Vorfeld und im Hintergrund getan wird, damit eine so großartige Feier möglich wird“, sagte Bieber und vergaß bei seinem Rundgang auch nicht die Feuerwehr und die Rettungssanitäter, die für Straßensperrungen und ein gutes Gefühl der Sicherheit sorgten.
Im kommenden Jahr steht der Vinzenztag unter dem Motto der Jahreskampagne „Zusammen sind wir Heimat“.