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Dorothea Goßmann, erste Geschäftsführerin des Caritasverbandes für den Landkreis Main-Spessart, prägte die Entwicklung des Verbandes. Gabriele Kimmel, jetzige Geschäftsführerin, führte mit Dorothea Goßmann ein Interview.

" Es ging mir immer um die Menschen"

Kimmel: Frau Goßmann, im Jahre 1974 traten Sie mit 38 Jahren die Leitung der Geschäftsstelle an. Hatten Sie eine Vorstellung, was mit dieser Aufgabe verbunden war?

Goßmann: Es war klar, dass der Diözesancaritasverband nach der neuen Gebietsreform Kreisverbände aufbauen wollte. Lohr bot sich an, weil im neuen Landkreis nur in Lohr bereits ein Caritasverband bestand. Ich bin gerne nach Lohr gekommen, weil ich hier familiäre Bindungen habe. Meine Vision war, aus diesem Kreisverband etwas mit und für die Menschen zu machen. Von Anfang an war mir die Vernetzung wichtig. Ich habe viel Zeit und Kraft investiert, Caritas als Institution und christliche Grundhaltung bekannt zu machen.

Kimmel: Wie kann man sich das konkret vorstellen?

Goßmann: Ich habe mich überall vorgestellt. Ich war bei allen Ärzten der Gesundheitsämter, bei allen Bürgermeistern der ehemaligen Kreisstädte, vor allem aber habe ich den Kontakt zu den Pfarreien und zu den Seelsorgern gesucht. Es ging mir immer auch darum, die Caritas vor Ort zu stärken, ein Bindeglied zu sein von der Institution zur Caritas in der Gemeinde und so zu den Menschen.

Kimmel: Warum war Ihnen das so wichtig?

Goßmann: Aus persönlicher leidvoller Erfahrung wusste ich, Caritas gibt Antwort auf die Nöte der Menschen.

Ich halte es nach wie vor für wichtig, dass Caritas als Institution kompetent und präsent sein muss auf möglichst vielen Ebenen. Mein Prinzip war immer, hellhörig und mit offenen Augen und offenem Herzen durch die Welt zu gehen. Eine gute Sozialarbeit ist ein „Schneeballsystem": man wirft einen Ball rein und bekommt 3 zurück. Diese Erfahrung habe ich als Sozialarbeiterin im Kreisver-band von Anfang an gemacht. Menschen, die bei uns Hilfe bekamen, haben davon weitererzählt. Bereits im ersten Halbjahr hat-ten 177 Menschen beim Caritasverband Hilfe gesucht.

Kimmel: Gab es einen sichtbaren Schwerpunkt?

Goßmann: Wir hatten nach einiger Zeit die meisten Mütterkurvermittlungen der Diözese. Die Mütter haben mir immer am Herzen gelegen. Ich habe mit allen Müttern Kurnachsorgespräche geführt und bald auch schon die ersten Müttergruppen aufgebaut. Diese Gruppen bestehen zum Teil heute noch als Selbsthilfegruppen.

Kimmel: In Ihrer Arbeit gab es sicherlich auch Rückschläge oder „Misserfolge", wie gingen Sie damit um?

Goßmann: In vielen Fällen konnte ich, oder auch später die Mitarbeiter, nichts tun. Ich stand oft „unterm Kreuz" und habe gebetet. Für mich war und ist das Kreuz sehr wichtig – es ist Zeichen des Leids, aber auch Zeichen des Trostes und der Hoffnung.

Kimmel: Gibt es drei wichtige Symbole für Ihre caritative Tätigkeit?

Goßmann: Wie gesagt, das Kreuz als Zeichen der Zuversicht für alle Notleidenden, bunte Blumen als Zeichen der Vielfalt und Einzigartigkeit jedes Menschen und Kinder, die uns deutlich machen, dass wir alle Kinder Gottes sind und unter seinem Schutz stehen. In diesem Sinne wünsche ich dem Caritasverband für alle anstehenden Aufgaben Gottes Segen.

Kimmel: Vielen Dank, Frau Goßmann, für dieses aufschlussreiche und mutmachende Gespräch.

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